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 What`s Left

How Liberals Lost Their Way

Autoren: Nick Cohen
Verlag: Fourth Estate

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Cohens Buch handelt von einem Widerspruch: dem Widerspruch zwischen dem Anspruch der politischen Linken für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit einzutreten und ihrer Feindschaft gegenüber dem Westen, also genau demjenigen Teil der Welt, in dem diese Forderungen stärker verwirklicht sind als irgendwo sonst.
Cohen ist selbst ein in der Wolle gefärbter Linker und als solcher weit davon entfernt, die politischen und sozialen Verhältnisse im Westen für paradiesisch zu halten. Was er der Linken aber vorwirft, ist ihre Neigung, den Westen, speziell Amerika, für alle Übel dieser Welt verantwortlich zu machen, gleichzeitig aber kriminellen Despoten (Saddam Hussein, Milosevic) und Terroristen (Hamas, Hisbollah) ein Verständnis entgegenzubringen, das sich von direkter Unterstützung allenfalls graduell unterscheidet.
Er untermauert diesen Vorwurf anhand zahlreicher Beispiele. Besonders sorgfältig zeichnet er das wechselnde Verhältnis der Linken zum Irak Saddam Husseins seit den siebziger Jahren nach. Das Einzige, was dabei konstant geblieben sei, sei die Opposition der Linken gegen die amerikanische Politik gewesen, und zwar ganz unabhängig davon, ob Amerika Saddam unterstützte (bis 1990) oder bekämpfte (1990 bis 2003).
Cohen führt diese Feindschaft auf die marxistische Sozialisation der meisten Linken und auf die daraus resultierende Ablehnung von Kapitalismus und Imperialismus zurück. Spätestens seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion seien jedoch die sozialistischen Ideale aufgegeben worden und einem Nihilismus gewichen, der bloß noch vom antiwestlichen Ressentiment lebe.
Cohen beschränkt seine Kritik auf diejenigen Linken, die im Englischen "liberals" genannt werden, also auf die linken akademischen Mittelschichten, und nimmt die "alte Linke", Arbeiterklasse und Gewerkschaften ausdrücklich davon aus. Die neue Linke hat sich nach seiner Auffassung seit den siebziger Jahren vom "common man" entfernt. Aus Enttäuschung über dessen Konservatismus habe die Linke sich vom wirklichen Proletariat abgewandt und sich gewissermaßen Ersatzproletariate gesucht: Frauen, Schwule, ethnische Minderheiten. Damit habe sie sich selbst in die Rolle einer elitären Minderheit geflüchtet und sich in einer ebenso weltfremden wie undemokratischen Ideologie eingeigelt, durch die sie gar für rechtstotalitäre Theorien anfällig geworden sei.

Cohens Werk ist äußerst informativ und detailreich - bisweilen zu detailreich, wenn er etwa die Balkanpolitik der konservativen britischen Regierung Major darstellt (und der Leser sich fragt, was dies mit dem Hauptthema zu tun hat) oder wenn er den Wirrungen der WRP, einer britischen K-Gruppe der siebziger Jahre mit Irak-Connection, ein ganzes Kapitel widmet. Etwas weniger Anekdoten und etwas tiefere ideologiekritische Analyse hätten dem Buch sicher gutgetan. Auch beschränkt er sich auf den englischen Sprachraum, und nicht alles, was er schreibt, ist ohne weiteres auf kontinentaleuropäische Verhältnisse übertragbar. Ungeachtet dieser Schwächen ist dies ein wichtiges Buch: Die Widersprüche linker Politik, die es aufzeigt, existieren auch bei uns, und die Frage, was eigentlich "links" ist, ist aktueller denn je. Cohen hat zu diesem Thema einen hochinteressanten Beitrag geschrieben, dem eine baldige deutsche Übersetzung zu wünschen ist.


Manfred



Softcover | Erschienen: 01. April 2007 | ISBN: 9780007229697 | Preis: 13,99 Euro | 400 Seiten | Sprache: Englisch

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